Content Note: Erwähnung von Homophobie, Diskriminierung psychisch kranker Menschen
In ihrem Dunstkreis geben sie sich stark und überzeugt von ihren Einstellungen. Der Geist des Herrn ist mit ihnen. Die Kraft des Herrn begleitet sie. Und nach außen hin?
Wer sind sie wirklich? Starke Menschen oder doch verkümmerte Seelen auf der Suche nach Selbstwert? Das System verspricht ihnen Heilung und frisst sie auf. Zerstört ihr Inneres, um ihnen dann wieder Heilung zu versprechen.
„Gott liebt dich, aber so wie du bist, das bist du nicht, da ist ein anderer, der deine Seele haben will. Er will dich hinunterziehen in den Abgrund, wo das Zähneknirschen ist. Pass auf, er lauert hinter jeder Ecke, er ist der Fürst dieser Welt. Er regiert hier, er hat so viele Menschen manipuliert. Hab Acht! Sei stark und kämpfe im Namen dessen, der größer ist.“
Der Name, der größer ist. Ich will den Namen hier nicht aussprechen. Sein Name wurde damit wohl bereits missbraucht.
Das sagen sie und zittern selbst, fühlen sich verfolgt, Tag für Tag. „Weltliche“ Menschen sind gefährlich und korrumpiert. Pass auf“, sagen sie.
Und so wuchs ich auf in Angst. In Angst vor Menschen und in Angst vor mir selbst. „Tu ich das auch richtig so? Was muss ich tun, um den Weg des Herrn nicht zu verlassen?“
Und schon von klein auf merkte ich, dass etwas mit mir „nicht stimmt“. „Papa, kann ein Mann denn auch einen Mann heiraten? Ich finde meinen besten Freund, den Nick, so toll.“ „Das ist nicht so einfach, eigentlich nicht, aber es gibt da schon etwas, was manche Erwachsene machen. Aber die Frage beschäftigt dich hoffentlich nicht mehr, wenn du älter wirst.“ Also beschloss ich, doch lieber die Selina toll zu finden. Die hat mir ja auch schon gesagt, dass sie mich auch toll findet.
Und dazwischen kam sie immer wieder, die Verurteilung „der Schwulen“. „Gefallene Seelen, psychisch Kranke, vom Weg abgekommene, Verwirrte“. Vielleicht eine Projektion? Sie wettern gegen sie und kennen keinen einzelnen dieser Menschen. Nur diejenigen, die „damit zu kämpfen haben“ und sich im Schatten verstecken aus Angst vor der Verurteilung. Mehr noch, vor dem Ausschluss aus der Gemeinschaft. Nach draußen gehen zu müssen, in die Welt, wo der Feind hinter jeder Ecke lauert. Zu den verlorenen Seelen. Und ohne den Schutzschirm des Allerhöchsten. Den hätte man dann wohl verspielt. Oder: Sie verstecken sich aus Angst, für immer in einem Zwischenraum festzustecken: Der, für den wir schon so oft gebetet haben. Der, der irgendwie einfach nicht geheilt wird. Irgendetwas stimmt da nicht. Gott ist doch gut?! – Aha – . Aber dieser Zwischenraum wäre wohl schlimmer als alles andere. Und so bleiben sie im Verborgenen.
Verborgene Stimmen. Versteckte Seelen. Und nach außen hin der Glanz des Herrn.
/ Paul
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