Content Note: Erwähnung von Suizidalität, Hölle, Ableismus
Gedankenkarussell meines elfjährigen Ichs, welches mich jahrelang täglich beherrschte:
„Alle, die sich zu Jesus bekehren und an ihn glauben, kommen in den Himmel und müssen nicht für immer in der Hölle schmoren. Außer Menschen mit geistiger Behinderung und Kindern, die haben noch einen kindlichen Geist und werden auch so errettet. Etwa ab Teenageralter (etwa 13 Jahre) ist man reif genug, um zu verstehen, was es bedeutet, sich zu bekehren, und erst ab dann wird man dafür von Jesus angeklagt, wenn man sich nicht bekehrt hat, und landet in der Hölle. Aber ich bin doch erst elf Jahre alt. Wieso verstehe ich das Konzept denn seit langer Zeit schon und warum konnte ich mich anscheinend mit fünf Jahren schon bekehren? Ich bin also gar nicht richtig bekehrt. Also muss ich es jetzt noch einmal tun.
Aber ich fühle mich nicht plötzlich anders als vorher. Ich habe also den Heiligen Geist nicht empfangen, also bin ich doch nicht bekehrt.
Angenommen, dass wir ewig leben, ist das Leben hier auf Erden echt kurz. Ich will lieber im Himmel landen, nicht dass ich gerade etwas falsch mache. Wäre es nicht besser, ich sterbe, bevor ich von Gott angeklagt werde und für ewig in der Hölle lande, weil ich mich nicht richtig bekehrt habe?
Ich denke, es wäre besser. Die Zeit drängt, bald bin ich im Teenageralter.
Aber Selbstmord geht nicht.
Dafür kommt man auf jeden Fall in die Hölle. Aber ich bin ja erst elf Jahre alt. Vielleicht wird mir das verziehen, weil ich nicht weiß, was ich tue.
Aber vielleicht auch nicht. Was dann?
Ein Unfall wäre besser. Aber ich will doch eigentlich leben!
Wieso musste ich geboren werden? Es wäre einfacher gewesen, es hätte mich nie gegeben.”
Inzwischen weiß ich, dass es nicht normal ist, sich lieber tot zu wünschen aus Angst vor der Hölle. Ich habe die Höllenangst überwunden und habe höllische Angst, dass meine Kinder das Konzept irgendwann mitkriegen und genauso denken könnten.
/ anonym
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