Content Note: Erwähnung von Depression, Hass gegen LGBTIQ+
Du bist geliebt – aber nur, wenn du Gott folgst.
Du bist immer herzlich willkommen – aber nur, wenn du so bist, wie wir dich haben wollen.
Du bist anerkannt – aber nur, wenn du zu uns gehörst.
Seit ich denken kann, war die Freikirche ein Teil meines Lebens. Was das mit mir gemacht hat, das erfahre ich erst im jungen Erwachsenenalter. Rezidivierende depressive Episode. Differentialdiagnose: Persönlichkeitsstörung. Ich starre auf den Wisch meines Psychiaters und frage mich, an welchem Punkt meiner Kindheit es wohl war, dass es bergab ging. War es, als ich mich geoutet habe und meine Taufpatin den Kontakt zu mir abgebrochen hat? War es, als meine Mutter sagte, ich werde die Familie zerstören, wenn ich eine Frau heirate? Oder war es eigentlich schon viel früher und ich habe nur die Ausmaße nicht so deutlich wahrgenommen?
Du darfst zweifeln – aber nur „richtig“ zweifeln.
Du darfst anders sein – aber nur „richtig“ anders.
Du darfst fehlerhaft sein – aber nur „richtig“ fehlerhaft.
Ich sitze im Bus und sehe draußen ein sehr hübsches Mädchen vorbeilaufen. Wow, sie ist attraktiv. Nein. Shit. Ich meine, sie sieht einfach nur gut aus. Ich darf das nicht denken. Gott, es tut mir von Herzen leid. Ich werde nie wieder so etwas denken.
Ich bin mit meinen zwei Freundinnen aus dem Teenie-Kreis unserer Gemeinde zu Hause, die Stimmung ist fröhlich und ausgelassen. Auf einmal sagt die eine von ihnen: „Bahh, stell dir mal vor, wie zwei Männer Sex haben. Das ist so eklig.“ Beide lachen. „Das ist ja auch verboten, das steht ja so in der Bibel.“ Ich lache mit, während ich innerlich mein Herz zersplittern höre.
Einige Gemeindemitglieder haben sich versammelt und beschäftigen sich mit unserem Konzept. Ich bin dabei. Eine merkt an: „Hier steht ja, dass wir alle willkommen heißen, egal welche Lebensweise sie führen. Das heißt dann wohl leider auch, dass wir Menschen willkommen heißen müssen, die eine gleichgeschlechtliche Beziehung führen.“ Ein anderer antwortet: „Also da lasse ich gar nicht mit mir diskutieren, so etwas ist absolut inakzeptabel!“ Sie wissen nicht, dass sie mich jetzt eigentlich von der Gemeinde ausschließen müssten.
„Du bist von Geburt an ein schlechter Mensch – aber komm zu Gott, er wird dir vergeben.”
„Du bist sündig und falsch – aber du kannst dich bessern, wenn du den Geboten Gottes folgst.”
„Du bist eigentlich nicht liebenswert – aber Gott ist so gnädig, uns trotzdem zu lieben.”
Würde ein guter Gott mich wirklich als einen schlechten Menschen erschaffen, der sich erst ändern muss, um geliebt zu werden?
/ anonym
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