Gott müsste sich bei mir entschuldigen

Contentwarnung: Im folgenden Artikel werden körperliche und psychische Gewalt gegen Minderjährige thematisiert.

Wenn es Gott gäbe, müsste sich dieser Gott bei mir entschuldigen für das, was er in seinem Namen zugelassen hat. Für das, was mir in seinem Namen angetan wurde. Warum sollte es nicht einmal so rum sein? Warum sollte nur ich mich für alles entschuldigen müssen in meinem Leben? Und dieser Gott muss sich nie entschuldigen für unverständliches Leid? Ehrlich gesagt gefällt mir der Gedanke, dass dieser Gott in meiner Schuld stünde. Natürlich wäre dies jetzt Anmaßung und Stolz aus Sicht der früheren Religiösen und es würde als Gotteslästerung verurteilt werden. Aber ich höre jetzt einfach mal auf mein Bauchgefühl und dieses Bauchgefühl sagt mir, Gott hat mir übergroßes Leid angetan, wenn es ihn denn gibt. Und mich machen die religiösen Menschen wütend, die zu mir sagten, dass es ohne Gottes Hilfe vielleicht sonst noch viel schlimmer gekommen wäre. Was für ein lächerlicher Trost, wenn man als Kind und Teenager Todes- und Höllenängste ausgestanden hat und noch sehr weit ins Erwachsenenleben hinein, den größten Teil meines Lebens. Und auch jetzt bin ich noch nicht gefeit davor, es kommt leider immer mal wieder.


Ich war meine Kindheit und meine Jugend in einem inneren Gefängnis, in einer Folterkammer, in der ich auch noch alle Zeit beobachtet wurde, auf Herz und Nieren geprüft wurde, alle meine Gedanken und Gefühle beobachtet und beurteilt wurden. Die tiefsten Motivationen waren Gott schon im Voraus bekannt, jede auch noch so unmerkliche Reaktion meinerseits blieb ihm nicht verborgen. Ich hatte keine Rückzugsmöglichkeit, innerlich und äußerlich nicht, und ich überprüfte andauernd in übergroßem Stress, ob Gott vielleicht wieder sündige Motive, Gedanken und Gefühle entdeckt haben könnte in mir. Permanent. Die Grundlage für Zwangsgedanken, natürlich denkt man sofort an den rosa Elefanten, wenn man genau dies nicht darf und genauso sinnlos waren die Forderungen. Der beste Boden für Zwangserkrankungen, da man sich vor nichts mehr sicher sein kann, auch bei sich selbst nicht, sich immer schuldig fühlt und sowieso immer irgendetwas gefunden werden kann, was nicht ganz hundertprozentig okay ist. Ich verlor völlig jedes Vertrauen in meine Innen- und in die Außenwelt, bzw. konnte dieses gar nicht erst ausbilden.


Und von außen wurde ich ständig mit Hallelujas und Amens und allem ähnlichen beschallt, mit Predigten, Gottesdiensten und Andachten vollgestopft, an denen ich nie auch nur die kleinste Kritik haben durfte.


Dazu kam immer mal wieder ein Gefängniswärter oder eine -wärterin in mein Gefängnis hinein gestürzt in mein Inneres hinein gebrochen und prügelte das Reich Gottes in mich hinein, damit ich es auch ja sicher verstand, fühlte und glaubte… Wer sein Kind liebt, der züchtigt es. Nein, ich wurde gezüchtigt ohne Liebe von Menschen und von Gott.


Und da klage ich Gott an: „Wenn es Dich gibt dann müsstest du dich bei mir entschuldigen!“ Wie viel Angst habe ich rund 50 Jahre meines Lebens durchgestanden aufgrund von ihm und seinen Dienern, wie viel Einsamkeit und Verlassenheit. Wie viel Verlorenheit und auch dadurch Todesängste. Wie viel sinnlosen Kampf, meine ganze Lebenskraft ging in diesen aussichtslosen Kampf hinein.


Dieser Gott müsste sich bei mir entschuldigen – und es endlich einmal anders herum machen!

Erja

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