Was man verliert und was man gewinnt!

Ich würde heute sagen, ich habe viel gewonnen im Zuge meiner Dekonstruktion: Freiheit im Denken und im Leben, tiefe Freundschaften und Gespräche, ein neues Mitgefühl für meine Mitmenschen und die Natur, viele neue Möglichkeiten, zu lernen, zu gestalten.

Aber man verliert eben auch etwas und manches vermisse ich schmerzlich. Um anderes ist es dann gar nicht schade, z.B. das Monopol aufs Rechthaben.

Konservative Christ:innen sind überzeugt, dass ihre Sicht auf die Welt, auf die Bibel, auf Gott die einzige richtige sei. Deshalb kann man sich sogar innerhalb dieses Spektrums gegenseitig noch den Glauben absprechen: „Du glaubst nicht wie ich, also glaubst du nicht richtig.“ Je konservativer Gemeinden werden, umso ausgeprägter ist das.

Aber selbst in etwas liberaleren Gemeinden bleibt in einem Punkt dieses Monopol: Ohne Jesus gehst du verloren. In diesem Punkt glaubt man, recht zu haben. Und das wiederum gibt einem das Recht, andere zu missionieren, anderen ungefragt vom Glauben zu erzählen, andere als „vom Glauben abgefallen“ zu bezeichnen.

Solange man in der Gewissheit lebt, Recht zu haben, braucht man sich mit anderen Sichtweisen und Ansätzen auch gar nicht auseinandersetzen. Im Gegenteil: Man muss die eigene Rechtgläubigkeit vor jeder Verführung schützen und sich deshalb besser gar nicht damit beschäftigen.

Ich habe diesen Glauben abgelegt. Ich habe gute Gründe dafür. Aber eines habe ich nicht mehr: die Sicherheit, recht zu haben. Es könnte sein, dass ich mich irre. Wenn es neue Erkenntnisse gibt über die Welt und über Gott, müsste ich meine Meinung möglicherweise revidieren. Aber da ich mich auch gar nicht mehr auf gewisse Dogmen festlegen muss, ist es auch gar nicht schlimm zu sagen: Ich lasse mich überzeugen. Ich ändere meine Meinung.

Das Schöne daran ist, dass ich meine Meinung nicht mehr beschützen muss vor Angriffen. Ich kann mir offen anhören, was andere zu sagen haben. Ich kann überlegen, ob mich das überzeugt oder nicht. Und ja, das ist natürlich anstrengender als ein gelehrtes Dogma einfach zu übernehmen! Aber es ist Freiheit.

Sara

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