Zwei Welten, zwei Abschiede: Die Geschichte einer zerbrochenen Freundschaft

Mein bester Freund M. aus der Freikirchen-Zeit und ich haben fast jeden Sonntagnachmittag zusammen verbracht. Entweder bei ihm oder bei mir. Wir bauten mit Legos die tollsten Sachen oder mixten Spezialgetränke aus allen Sirups, die wir finden konnten.

Doch mit dem Ausstieg unserer Familie aus der Freikirche hörte das abrupt auf. Der Kontaktabbruch ging von mir aus. Er konnte diesen nicht verstehen. Wir haben damals noch einmal telefoniert und dann war es vorbei.

Jahre später habe ich von einem Arbeitskollegen erfahren, dass dieser M. kannte und über ihn habe ich dann wieder die Telefonnummer von M. bekommen. Ich hatte zuvor immer wieder an M. gedacht und ihn durchaus auch vermisst. Ende der 1990er Jahren hatten erst wenige von uns Handys und eigene Telefonnummern. ICQ/MSN war ebenfalls noch nicht gang und gäbe, so gab es keine Möglichkeit M. zu kontaktieren ausser über seine Eltern und mit denen wollte ich nichts zu tun haben.

Ich hatte also um 2012/2013 diese Nummer und wir verabredeten uns im Frühjahr 2014 für ein Treffen. M. kam zu mir nach Hause. Etwas demonstrativ liess ich ein Buch von Michael Ruse rumliegen: “Taking Darwin Seriously”. Ich war in einer “Anti-Haltung” gegen dieses Treffen. Überraschenderweise konnten wir beide leicht wieder zueinander finden. Wir tauschten uns über die 13 Jahre aus, in welchen wir uns nicht gesehen hatten.

Er erzählte mir viel über die Nöte und Ängste, ob all seine Taten im Sinne von Jesus seien. Gleichzeitig war er voller Inbrunst, dass er im Studium ein Protein gesehen habe, welches so schön war, dass es mit Sicherheit nicht durch Evolution entstanden sein konnte. Vermutlich schielte ich währenddessen etwas zu meinem Buch rüber. Dass er das Buch zuvor gesehen hatte und darum das Thema aufgebracht hatte, glaube ich nicht.

Irgendwie konnte ich alles fürs Erste annehmen und machte mir Gedanken, ob diese beiden Welten nicht doch nebeneinander existieren könnten. Wir sahen uns daher noch ein bis zwei Mal. Die Gespräche verliefen ähnlich. Er erzählte viel von Jesus neben dem Smalltalk, den wir machten. Ich erzählte nicht viel über den Smalltalk hinaus. Im Moment war die Situation für mich so in Ordnung. 

Der zweite Bruch kam zu Ostern 2014 oder 2015 als eine Mail mit dem Inhalt “Er ist auferstanden” in Grossbuchstaben in meinem Postfach ankam. Für mich war das der Moment, wo ich merkte, dass diese Welten sich nicht zusammen vertrugen und ich mit Menschen wie M. nichts zu tun haben wollte. Für mich war es eine Sache, wenn Jesus und Co . eine Art Nebengeräusch der Gespräche war. Es war etwas anderes, wenn mir dies so ungefragt aufgedrängt wurde.

Ich habe es auch dieses Mal nicht geschafft, M. explizit zu sagen, warum ich den Kontakt ein zweites Mal abbrach. Ich reagierte einfach irgendwann nicht mehr. Heute hätte ich wohl die Kraft dazu, mich dem Konflikt zu stellen. Damals hatte ich sie noch nicht. Aber immerhin fühlte es sich dieses zweite Mal besser an. Eher so, als hätte M. wirklich etwas getan, sodass die Freundschaft zerbrach und es nicht aufgrund unserer Eltern war.

Während ich diese Geschichte schreibe, merke ich, dass sie mich sehr traurig macht. Ein Teil von mir hofft, dass M. das liest und inzwischen auch den Weg aus diesen Kreisen gefunden hat. Doch die Chancen sind gering und auch das macht mich traurig.

/Jonas

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