Bis vor kurzem war ich der Meinung, dass meine konservative, christliche Erziehung und Sozialisierung weit hinter mir liegen. Dass ich mich längst befreit habe von fundamentalem, freikirchlichen und pfingstgemeindlichem Gedankengut. Dass ich traumatische Erfahrungen längst verarbeitet habe.
Bis gestern.
Da ist etwas in mir aufgebrochen, und ich weiß nicht, weshalb dies so ist. Meine strenggläubige Mutter sorgt (vermutlich unabsichtlich) immer wieder dafür, dass ich mit religiösen Themen konfrontiert werde und dass ich mich unmittelbar danach unbehaglich fühle. Das Thema „Allversöhnung versus Annihilationismus“ war gestern der Trigger, der mich irgendwie aus der Bahn geworfen hat. Christ:innen, die an Allversöhnung glauben, gehen davon aus, dass es auch nach dem Tod die Möglichkeit geben wird, Busse zu tun, weil Gottes Liebe nie aufhört und nie jemanden aufgibt. Die Anhänger:innen des Annihilationismus hingegen nehmen an, dass der endgültige Zustand der Gottlosen die vollständige Vernichtung sei. Ich begann mich zu fragen, weshalb mich die Thematik des Gerichtes und der Verdammnis aufwühlt und in mir Ängste auslöst? Und ich erinnere mich plötzlich wieder an meine Teenagerzeit, als ich beim Psychiater meine Angst vor der Hölle und der ewigen Verdammnis ausgesprochen habe. Es fühlt sich an wie ein Flashback. Obwohl dieses Gespräch mit dem Psychiater 31 Jahre her ist, erinnere ich mich gut an die Reaktion dieses Arztes. Er hat mir viele Fragen gestellt, auf welche ich keine Antworten wusste. Und ich erhielt auch keine wirklichen Antworten auf meine Fragen. Nach diesem Gespräch fühlte ich mich leider ratloser denn je. Ich war 17 Jahre alt und empfand den christlichen Glauben schon damals als Last. Trotzdem vergingen Jahrzehnte, bis ich mich endgültig vom christlichen Glauben verabschieden konnte.
Vielleicht (hoffentlich!) kommt der Moment, an dem ich nicht mehr Angst haben muss vor dem Tod. Vor dem Gericht.
Ich wünsche mir nichts sehnlicher als dieses Gedankengut, diese Prägungen loszuwerden, sodass sie keinen Schaden mehr in mir anrichten können. Dass ich diese Indoktrination irgendwann überwinden kann…
Claudia
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