Mein liebes jüngeres Ich

Mein liebes jüngeres Ich,
Du bist weder ein böser, noch sündiger Mensch.
Fromme Menschen reden dir das ein, um ihre perfide Theologie zu stützen.
Du bist ein wunderbarer Mensch, mit allem, was zum Menschsein dazu gehört.
Stärken und Schwächen, Hochs und Tiefs, Trauer und Freude, Altruismus und Egoismus.
Du darfst dich selbst lieben und achten.
Nächstenliebe ist schön und gut, aber zuerst: Liebe dich selbst.
Verleugne dich nicht selbst, sondern achte auf deine Bedürfnisse.
Schau, dass es dir gut geht und ziehe Grenzen wo nötig.
Vertraue deiner Intuition.
Dein Bauchgefühl ist von unglaublichem Wert, höre darauf.
Höre auf deine innere Stimme, sie leitet und beschützt dich.
Stelle sie über religiöse Regeln, Konventionen und Erwartungen.

Höre auf die Gefühle von extremer Trauer und Erschöpfung.
Sie sind nicht vom Teufel oder von Dämonen. Es ist nichts falsch mit dir.
Diese Gefühle wollen dich auf Traumata und toxische Prägungen aufmerksam machen.
Suche dir professionelle Hilfe und nimm Psychotherapie in Anspruch.
Du darfst wütend sein.
Du musst nicht immer das liebe, angepasste, fromme Mädchen sein.
Wenn du willst, sei wild, rebellisch und aufbegehrend.
Wut ist eine positive Emotion, die dich auf deinem Weg weiterbringt.

Dein Körper gehört dir.
Dein Körper gehört weder Gott noch deinem späteren Ehemann.
Nimm ihn ernst und höre auf seine Botschaften.
Erkunde deine Sexualität und lebe sie aus, wie du es möchtest.
Ordne dich nicht unter.
Nicht den Männern, nicht deinen Eltern, keinen Pastor:innen oder Leiter:innen.
Du hast gleich viel Wert und gleich viele Rechte wie sie.
Sie haben nicht mehr Weisheit von Gott als du.

Lasse Zweifel zu.
Das Gegenteil von Glauben ist nicht Zweifel, sondern Gewissheit.
Wer auf alle Fragen einfache Antworten hat, ist wohl eher Fundamentalist:in als Christ:in.
Es ist völlig okay, zu sagen: „Ich weiß es nicht“.
Du darfst Fehler machen und Schwächen haben.
Die selbstkritische Stimme in dir ist nicht vom Heiligen Geist.
Es ist ein übertrieben starker innerer Kritiker, der in frommen Kreisen geprägt wurde.
Sei gnädig mit dir und sei stolz auf deine Stärken.

Du brauchst keine Angst vor der Hölle haben.
Es gibt sie aller Wahrscheinlichkeit nach nicht.
Es ist eine verdrehte Interpretation von Wörtern und Versen in der Bibel.
Weder du, noch irgendein Mensch wird auf ewig Qualen in der Hölle erleiden müssen.

Mach dein Ding.
Komm raus aus der Enge der religiösen Verbote und Gebote.
Folge deinem Herzen und tue das, was dir Spaß macht.
Sei du selbst und gehe auch unkonventionelle Wege.
Genieße das Leben.
Nimm dir Zeit für dich ganz allein, ohne etwas leisten zu müssen.
Singe, tanze, male und gestalte, wie du es möchtest.
Sei gut zu dir – denn du bist es wert!

Jule

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