Positive Wurzeln

Lange her ist das Ganze: schon 20 Jahre arbeite ich mich an einem Gott ab, vor dem in ständiger Angst lebte, weil ich es so gelernt hatte.

Wenn ich heute darüber nachdenke, fällt mir trotzdem als erstes die Entdeckung der positiven Wurzeln in meinem Leben ein. 

Nicht meine ganze Familie war damals in die Glaubensgemeinschaft involviert, es gab Großeltern und andere Verwandte, die normal bürgerlich lebten. Bei ihnen hörte man nichts über „geistliche  Kriegsführung“, da gab’s viel Liebe: spazieren gehen, Geschichten erzählen, Kind sein. Sie gingen schon auch mal in die Kirche oder sprachen ein Tischgebet. Sie waren für uns Kinder da. Falls sie doch mal den Kopf über die religiösen Ideen meiner Familie schüttelten, dann behielten sie das für sich. 

Als ich älter wurde, übernahm ich leider die stille Überheblichkeit gegenüber solchen, die zwar anständige Menschen waren, aber „kein tieferes Verständnis für geistliche Dinge“ hatten und anscheinend auch keine klare Meinung dazu – also auch gegenüber meiner nicht evangelikalen Verwandtschaft. Das tut mir im Rückblick sehr Leid. Denn heute weiß ich: ihnen verdanke ich viel; auch, dass ich noch glaube, weil ich an ihnen ja schon immer beobachtet hatte, dass es auch anders geht: Menschlich, entspannt. Als ich dann anfing, die fundamentalistischen Ideen, mit denen ich aufgewachsen bin, in Frage zu stellen, konnte ich auf die von ihnen vorgelebten Werte zurückgreifen. 

Nicht wer die größten Worte macht, hinterlässt den tiefsten Eindruck. Was Stärke oder Schwäche, Weisheit oder Liebe ist, das stellt sich manchmal erst viel später heraus. Meine Großeltern z.B. lebten da schon nicht mehr, aber ich werde ihnen immer unendlich dankbar für all das Positive sein, das sie in mich gepflanzt haben. 

Hilde

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