Selbstaufgabe und Selbstverleugnung sind zwei sehr präsente Themen in evangelikalen Systemen. Es wird einer oder einem gesagt, dass nicht das zähle, was man selbst will, sondern nur das, was Gott will. Und das, was Gott will, sei oft konträr zu dem, was man selbst will und macht Angst.
Ich habe auch oft gehört, dass Gott eine:n erst brechen muss, damit man ihm überhaupt erst effektiv dienen kann. Dein Selbst – das, was dich ausmacht, deine Wünsche und Bedürfnisse – wird dabei als böse und fleischlich angesehen und muss verleugnet werden.
Die Zeit, in der ich in evangelikalen Glaubenssystemen unterwegs war, bestand aus so viel Angst und Druck. Was hatte ich für eine Angst vor dem, was Gott für mein Leben vorhat. Schließlich zählen in diesem Glaubenssystem meine eigenen Wünsche und Vorstellungen nicht, sondern nur die eines Gottes, der von mir verlangt, dass ich mich aufgebe, verleugne und mein ganzes Leben ihm untergeordnet widme.
Diese Art von Glauben hat mich als 16-, 17-, 18-jähriges Mädchen langsam aber sicher psychisch ziemlich kaputt gemacht. Ein Glaube, der einen Menschen brechen möchte und von ihm verlangt, sich selbst und seine ganzen Bedürfnisse, Wünsche, Freuden und Leidenschaften aufzugeben, ist kein Glaube, der gesund sein kann.
Ich hatte ständig das Gefühl, das, was dieser Gott von mir will, nicht erfüllen zu können und zu wenig Hingabe zu haben. Es war nie genug. Ich war nie genug. Die Angst, dass Jesus mich bei der Entrückung deshalb zurücklassen könnte, bestimmte mein ganzes Leben. Sofern man das „Leben“ nennen konnte. So ein Glaube ist eher die reinste Hölle auf Erden.
Jede Lehre, die auch nur annähernd zu so einem Gottesbild führen kann, sollte verboten werden.Der Glaube sollte Menschen dabei helfen, sich entfalten zu können, ihnen helfen, aufzublühen und das, was Gott*/das Göttliche in sie hineingelegt hat, auszuleben. Aber niemals sollte er Menschen das Gefühl geben, dass alles an ihnen schlecht und sündig ist und ihre Bedürfnisse nichts zählen. Sowas zerstört jegliches Selbstwertgefühl und entfremdet einen komplett von sich selbst.
Sara
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