„Frau S., sind Sie eigentlich gläubig?“
Diese Frage einer Schülerin bringt mich erstmal aus dem Konzept. Und dann sage ich: „Im Moment nicht.“ Ich weiß, dass diese Schülerin selbst gläubig ist und möchte ihre Ansichten nicht erschüttern. Dann ergänze ich noch: „Dieser Punkt hat für mich gerade keine Priorität.“ Ein anderer Schüler fragt, ob ich evangelisch oder katholisch sei. Ich antworte, dass ich konfessionslos sei. „Gottlos?“ ist seine Übersetzung.
Es ist ein gutes Gespräch über den Koran und die Bibel, Gemeinsamkeiten und Unterschiede und die Überzeugung des muslimischen Schülers, dass die Bibel von Menschen, der Koran hingegen von Gott sei. Es ist mir sehr wichtig, auf diese Überzeugung sensibel zu reagieren und niemanden vor den Kopf zu stoßen. Denn ich erinnere mich daran, wie es früher für mich war, wenn ein Lehrer oder eine Lehrerin spöttisch auf meine fundamentalistischen Ansichten reagiert hatte. Das war für mich nie eine sachliche Frage, sondern stets eine emotionale. Eine falsche Antwort konnte für mich die Glaubwürdigkeit dieser Person gefährden.
Also sage ich: „Dass man keine Religion hat, heißt nicht, dass man gottlos ist. Man kann das auch für sich selbst leben.“ Die Antwort überzeugt nicht, das merke ich.
Meine Klasse ist jetzt im Abschlussjahrgang und ich merke, dass diese Themen wichtiger für sie werden. Die Religion bietet ihnen eine Orientierung und ich frage mich, welche Orientierung ich und die Schule ihnen in den letzten sechs Jahren geboten haben?
Hier geht es zum Beitrag auf Instagram.