Hineingeboren in eine evangelikale Freikirche, sang ich schon früh in den Gottesdiensten von der „Freiheit, die nur durch Gott kommt“ und von „Jesus, der alle Ketten sprengt“. Die „Freiheit“ war jedoch gekoppelt an den Preis, nach gewissen Regeln zu leben und nicht dem „Weltlichen“ zu „verfallen“.
In diesem Wertekonstrukt aufzuwachsen, galt als das größte Geschenk, das man nur bekommen könne. Ich versuchte es zu glauben. Versuchte es mit aller Kraft, immer und immer wieder. Zerriss dabei innerlich, weinte, verdammte mich, weil ich so undankbar war und mir insgeheim wünschte, so wie meine ungläubigen Freund:innen aufzuwachsen. Ich frage mich heute: Warum bin ich nicht einfach gegangen, warum habe ich mich einem Glauben hingegeben, den ich so sehr hinterfragte? Ich bin doch freiwillig geblieben, niemand hat mich zu irgendetwas gezwungen. Ich denke, die naheliegendste Antwort auf diese Frage ist die leicht zu beeinflussende Natur der menschlichen Psyche. All die Werte, die Glaubenssätze, das Weltverständnis – all das war bereits ein wesentlicher Bestandteil meiner frühkindlichen Prägung, das Fundament, auf dem mein Leben und mein ganzes „Ich“ aufgebaut waren. Der Glauben war also ein wesentlicher Bestandteil meiner Selbst und würde ich ihn gehen lassen, wäre ich nicht mehr vollständig.
Schon früh hinterfragte ich viel, insbesondere die Ansichten, welche ich heutzutage als sexistisch, homophob und einfach schädigend bezeichnen würde. Aber all das in Worte zu fassen, was meinen Kopf zum Rattern brachte, das konnte ich damals nicht. Meinem inneren Kompass folgen auch nicht, auch wenn ich mich manchmal traute, ein paar Schritte in die Richtung zu gehen, die er mir anzeigte. Als junge Erwachsene fing ich langsam an, all das zuzulassen was ich die ganzen Jahre verdrängt hatte. Innerliche Kämpfe wurden ausgetragen und die Angst vor der Hölle wich langsam. Stück für Stück.
Natürlich ist nicht immer alles leicht, aber so ist das Leben.
Mein Leben. Mein freies Leben. In echter Freiheit.
Anna
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