Misshandlung in Gottes Namen

Triggerwarnung: auf den folgenden Slides wird Physische Gewalt gegenüber Kindern in der Familie thematisiert.

Ich wuchs als sechstes von acht Kindern in einer strenggläubigen Familie auf. Mein Vater war nach seinem verwaltungstechnischen Studium zum „lebendigen Glauben“ gekommen.

Wir wuchsen mit körperlicher und psychischer Misshandlung in Gottes Namen auf. Meine Kindheit war von Verboten sowie der Angst vor Wutausbrüchen meines Vaters und der Züchtigung durch ihn geprägt.

Am schlimmsten sind mir die „Nachhilfestunden“ bei ihm in Erinnerung geblieben, bei welchen er — von meinem Versagen gequält — herumbrüllte. Außerdem reichte nur die Aussage „Ich glaube wir beide müssen mal ins Bad“ um wieder in der Spur zu laufen. Im Bad bekamen wir mit dem Rohrstock so viele Schläge auf das  Hinterteil bis mein Vater sich abreagiert hatte. Anschließend mussten wir uns am Rand der Badewanne hinknien und Gott um Vergebung bitten.

Sein Handeln rechtfertige mein Vater stets auch vor den Gemeindemitgliedern mit der Bibelstelle “Wer seine Rute schont, der hasst seinen Sohn; wer ihn aber liebhat, der züchtigt ihn beizeiten.” –  aus Sprüche 13, Vers 24.

Wir wuchsen, trotz guter finanzieller Stellung meines Vaters, aus ideologischen  Gründen ohne Fernseher und ohne sonstige weltliche Einflüsse auf. Mit 13 Jahren konnte ich gefühlt die Bibel auswendig, wusste aber nicht was Starwars, wer Karlsson vom Dach oder Lukas der Lokomotivführer waren. Die Autor*innen Astrid Lindgren oder Erich Kästner standen neben vielen anderen auf der roten Liste von Autor*innen und ihren Werken, welche einen schlechten Einfluss auf uns Kinder haben sollten.

Mein Vater vertrat unter anderem die Lehre, dass psychische Leiden durch Vorfahren und eigene Schuld hervorgerufen werden.

Mit meiner Volljährigkeit besuchte ich eine „freiere“ und liberalere Freikirche. Dies brachte mir aber nicht viel ein – außer negativem Gerede meines Vaters und einem Stück Abstand zu seinen Sichtweisen. 

Inzwischen bin ich auch hier auf dem Weg auszusteigen. Es ist nicht einfach, wenn man aus Angst, sich der sündigen Welt zu öffnen, keine Freundschaften außerhalb der Gemeinde aufgebaut und gepflegt hat.

Danke, dass du bis hierher gelesen hast.

Anonym

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